Dr. Christian Krüger

Kunst als gesellschaftliche Arbeit. Eine Reflexion der funktionalen Einbettung von Kunst

Kunst ist in der Tradition der philosophischen Ästhetik immer wieder in Abgrenzung zu nicht-künstlerischen Praktiken bestimmt worden, z.B. in Abgrenzung zu politischen, ethischen und kognitiven Praktiken. Die Zwecke und Formen dieser Praktiken, so der Gedanke, greifen in der Kunst nicht. Kunst stiftet vielmehr eine spezifisch eigene Praxis. Das macht ihre Autonomie aus. Diesem autonomieästhetischen Begriff der Kunst korrespondiert ein Selbstverständnis der Kunst, wonach Fragen etwa nach dem gesellschaftlichen Beitrag von Kunst zurückgewiesen werden müssen, weil sie auf den Irrweg einer heteronomen Bestimmung oder Funktionalisierung von Kunst führen.

Das Teilprojekt geht dagegen davon aus, dass die These der Funktions­losigkeit von Kunst problematisch ist. Sie bedarf einer Umdeutung, der zufolge ästhetische Autonomie gerade unter Rekurs auf die Funktionalität von Kunst zu begreifen ist. Die Autonomie der Kunst muss unter Rekurs auf die Spezifik ihres Bezugs auf Nicht-Kunst begriffen werden.

Damit steht das Teilprojekt zugleich in kritischer Distanz zu kunsttheoretischen und künstlerischen Positionen, die für ein direktes Eingreifen der Kunst in nicht-künstlerische Zusammenhänge plädieren, z.B. im avantgardistischen Sinne einer Aufhebung von Kunst in Leben. Eine solche Überwindung der Grenzziehung zwischen Kunst und Nicht-Kunst, so der Verdacht, steht selbst noch im Bann der autonomieästhetischen Abgrenzung von Kunst zu nicht-künstlerischen Praktiken und läuft Gefahr, die Spezifik der Kunst zu verfehlen.

Ziel des Projektes ist es, im Sinne dieser doppelten Kritik den gesellschaftlichen Beitrag der Kunst neu zu bestimmen.

Dazu soll in einem ersten Schritt der Zusammenhang zwischen Autonomie und Funktionalität weiter aufgeklärt werden, indem deutlich gemacht wird, inwiefern Kunst jeweils spezifische Lebensformen artikuliert und damit von den Kontexten her zu begreifen ist, in denen sie steht. In einem zweiten Schritt soll dann das Potential ästhetischer Autonomie im Rahmen des Zusam­men­hangs von Kunst und spezifischen Lebensformen in Begriffen des ästhetischen Eingriffs bestimmt wer­den. In Auseinandersetzung mit den Analysen der anderen Teilprojekte soll in dieser Weise eine Phänomenologie des ästhetischen Eingriffs erarbeitet werden, die davon ausgeht, dass entsprechende Lebensformen von Kunstpraktiken nicht einfach reflektiert werden, sondern durch künstlerische Artikulation verändert werden.