ENTWURF MA/BA - GAIA 1

Quelle: LS Palz
Quelle: LS Palz
Quelle: LS Palz

ENTWURF MA/BA - GAIA

The human, the habitat and the environment

Vertiefungsentwurf Modul IV 
2019/20

UdK Berlin, Studio R 236 / Hardenbergstr. 33, 10623 Berlin
Studio jeden Freitag, 10-15 Uhr
Technische Sprechstunde nach Vereinbarung 

Teilnehmer: 
15-20 UdK Architekturstudent_Innen MA/BA (ab 3. Sem.)

Prof. Dr. Palz, Prof. Pfeiffer, WM Christian Schmidts - Digitales und experimentelles Entwerfen


n.palz@udk-berlin.de, s.pfeiffer@udk-berlin.de


Thema. Das zweisemestrige Architektur-Vertieferprojekt GAIA - The human, the habitat and the environment“ im Masterstudiengang geht von einer einfachen Idee aus.
Das Projekt fokussiert auf die Gestaltung von Räumen für Menschen, die unter Berücksichtigung anderer Lebensformen durchgeführt werden. Planungs- und Bauparadigmen sollen entwickelt und praktiziert werden, die nicht zerstörerisch in Bezug auf unsere lebende Umwelt sind, in der wir als Menschen eine immer wichtigere Rolle spielen. 
Viele der Prozesse, die unser Leben bestimmen, sind hybride Kombinationen, in denen sowohl natürliche als auch menschliche Faktoren eine Rolle spielen. Für Architekt_Innen stellt diese Situation einerseits eine große Herausforderung, andererseits aber auch eine faszinierende Aufgabe dar, herkömmliche Grenzziehungen zwischen Stadt, Architektur und natürlichen Systemen zu hinterfragen. Unser Ziel ist die Entwicklung von Entwurfsstrategien, die Architektur als ein System von Stoff- und Energieflüssen begreifen, bei dem eine Vielzahl von Einflüssen eine Rolle spielen. 
Die jüngste Prägung des Begriffs Anthropozän ist ein Zeugnis dafür, dass der Mensch bisher in dieser Beziehung eine eher destruktive Rolle gespielt hat, die zu irreversiblen Spuren in der Umwelt führte - und eine Lawine von Umweltergebnissen mit wahrscheinlich katastrophalen ausgelöst hat.
Was diesen Kurs von anderen umweltbewussten Entwurfsprojekten unterscheidet, ist eine andere Zuordnung der Rolle des Menschen im Zusammenspiel mit der Natur und den daraus resultierenden Handlungen und Formen. Anstatt die natürlichen Wesen für unsere Zwecke auszunutzen - als untergeordnete Macht, die der Mensch sich selbst durch seine kognitive und physische Überlegenheit unterwirft - streben wir nach einem anderen Blickwinkel und einem Interaktionsprozess, in dem der/die Mensch(en) in ein echtes bewusstes und unbewusstes Gespräch mit der Umwelt verwickelt sind, einem Standpunkt, der stillschweigend eine Abflachung der Hierarchien zwischen den verschiedenen Autoren - Mensch und Nicht-Mensch - impliziert.
Zusammenleben, Austausch, Symbiose und Emergenz sind Begriffe, die selten verwendet werden, wenn wir über die Strukturen sprechen, die unseren Lebensraum bestimmen. Es ist das industrialisierte Bauelement, das die räumliche Grenze als Barriere manifestiert, die im 21. Jahrhundert eine Fülle von Dienstleistungen erbringen muss, die von pragmatisch und wirtschaftlich über konstruktiv bis semantisch und vermittelnd reichen. Diese komplexe Zusammensetzung von Materialschichten, die erforderlich ist, um diese verschiedenen Funktionen in einer zusammenhängenden Hülle zu verwalten, macht es unmöglich, ihre materiellen Ursprünge und die Umgebung, aus der sie stammen, zu rekonstruieren. Man kann vermuten, dass diese Störung auch die Grundlage für einen Mangel an Empathie und Respekt zwischen natürlichen Ressourcen und Menschen schafft.
Wir möchten experimentell einen anderen Weg in unserem Lehren, Lernen und Handeln gehen. Wir möchten uns auf die lebendigen Interaktionen zwischen uns - Menschen - und der Umgebung konzentrieren und daraus resultierende Fragen diskutieren.
Unsere Fragen sind (neben vielen)
- Wie können wir Menschen unsere vorgefassten Vorstellungen von menschlicher Dominanz verlernen?
- Wie kann man einen Modus des Zusammenlebens zwischen uns und der Natur um uns herum schaffen?
- Welche sind die möglichen Partner, die miteinander in Kontakt treten können?
- Welche Arten der Interaktion können stattfinden?
- Was ist die räumliche Qualität, die sich aus diesem Dialog ergibt?
- Wo liegen die Grenzen dieses Dialogs?
- Was sind territoriale Eigenschaften und wie wirken sie sich auf die Beziehung aus?
Anstatt in festen Geometrien zu arbeiten, wird der Entwurfsprozess zu einer gezielten Spekulation über systemisches Verhalten sein, die in radikaler Transdisziplinarität entwickelt wird. Anstatt uns auf Ansätze des Biomimikry in der Architektur zu konzentrieren, die eine Dominanzposition des Menschen durch eine gezielte Auswahl wünschenswerter Eigenschaften eher festigen, ist es unser Ziel, Systeme zu entwerfen, in denen das Wachstum biologischer Wesen selbst stattfinden kann und die unser Engagement mit - und unter ihnen - neu definieren.
Die Systeme müssen sich mit den konstruktiven und räumlichen Eigenschaften befassen, die sich aus einem solchen kollektiven Interaktionsprozess ergeben, sie sollten auch potenziell neue Formen des menschlichen Verhaltens und soziale Prozesse untersuchen, die daraus entstehen können. Die architektonische Gestaltung weicht dabei naturgemäß von der Festlegung sauberer Raumgrenzen auf einen organischen Prozess ab. Wir möchten uns für die Entwicklung einer architektonischen Form einsetzen, die sich ständig weiterentwickelt und auf einer neuartigen Praxis des Austauschs, des gemeinsamen Respekts und der Fürsorge zwischen Mensch und Natur aufbaut. Die Studioräume werden unser 1:1 Experimentierort für dieses Engagement sein.
Es ist die Dringlichkeit der planetarischen Situation und der Fragen, vor denen wir jetzt stehen, die ein breiteres Konzept der Architektur erfordern, ein Konzept, das einen trans- und interdisziplinären Dialog erfordert.

Kontext. Konkreter Ort der Intervention ist ein Grundstück im hinteren Bereich des Hauptgebäudes sowie das Atelier des Künstlers Ben Wagin und Umgebung.
Organisation. Veranstaltungen im Vertiefeerentwurf finden Freitags von 10:15-15:15 Uhr  wöchentlich im Studio 236 statt. Eine intensive Mitarbeit an den Präsenzterminen und selbstständige Arbeit in der Zwischenzeit wird erwartet. Das Seminar von Prof. Bredella ist ergänzend zu belegen und findet in Blockseminaren statt.
1 Phase I  - Recherche & Exkursion 
Theoretische Annäherung an das Thema, Recherche des Themas als Katalog 
19. Oktober – Kick-off - Organisatorisches, Ausgabe und Besprechung Aufgabe  - Katalog -  Literaturscan 

26. Oktober  – Ortstermin Atelier Ben Wagin

30. Oktober – 4. November – Exkursion nach  Südengland  an für die Themen der Entwurfsprojekte HELLO ROBOT + GAIA relevante Orte.

2 Phase II: Experiment & Ökosystem 
Übertragen der Erkenntnisse aus Phase I in einen prototypischen Entwurf –  Basierend auf der Recherche werden Ansätze für hybride Architekturen zwischen Natur und Mensch entwickelt
8. November – Präsentation und Diskussion Recherche als Zeichnung – Ausgabe Aufg. 2 

15. November –  Individuelle Besprechungen

22. November –  Experiment – Workshop Algen

29. November –  Diskussion mit Gästen  

6. Dezember  –  Experiment – Workshop Arduino mit Jonah Marrs

20. Dezember –  Zwischenpräsentation 

10. Januar bis 7. Februar –  Ökosystem Weiterentwicklung in individuellen Besprechungen

14. Februar – Präsentation

Literatur und Weblinks
Vibrant Matter: A Political Ecology of Things, Jane Bennett (Seminartext Prof. Bredella)
Donna Haraway, "When Species Meet", in Toward an Aesthetics of Living Beings (ed. Riechelmann, Oetker)
Steven Shaviro, "Thinking Like a Slime Mold", Chapter from Discognition, 2015
Val Plumwood, Introduction of “Environmental Culture: The Ecological Crisis of Reason”, 2001

Vibrant Architecture: Matter as a CoDesigner of Living Structures, Rachel Armstrong

Ausstellungen:

Futurium: Mind The Fungi futurium.de/de/feature-art-lab


Eco-Screen, Fiction Forum kreativ-bund.de/fictionforum


Ausstellung Licht Luft Scheiße 17.08. – 27.10.2019, Neue Gesellschaft für bildende Kunst | Berlin
Ausstellung Garten der irdischen Freuden 26. Juli bis 1. Dezember 2019, Gropius Bau